In einem Monat findet der Lehrgang zur Ausbildung als regionaler Schiedsrichter in Haltern statt. Die Ausbildung übernehmen dabei die FIDE-Schiedsrichter Falco Nogatz und Steffen Erfle, die beide seit Jahren Meisterschaften der DSJ leiten. Falco ist zudem als Nationaler Spielleiter im Vorstand der DSJ. Wir haben mit ihm bereits jetzt gesprochen, was euch erwartet und warum es so wichtig ist, neben der normalen Regelkunde auch ein besonderes Gespür für kindgerechte Regelauslegung zu haben.

Hallo Falco, seit vielen Jahren bist du schon als Schiedsrichter tätig. Dabei bist du auch häufig für große Turniere, wie z.B. der Jugendeinzelmeisterschaft verantwortlich. Inwiefern spielt für dich als Schiedsrichter bei solchen Veranstaltungen der Altersunterschied eine Rolle?

Falco: Es ist ja gar nicht mal das Alter. Es reicht ja, sich einmal die DEM U10 anzusehen: Dort spielen Kinder mit über 1800 DWZ mit, die Turnierschach gewohnt sind, aber eben auch solche, die erst vor kurzem mit unserem Sport begonnen haben. Der schwierige Spagat bei einer solchen Großveranstaltung ist sicher, jeder dieser Spielergruppen gerecht zu werden: im Rahmenprogramm, aber auch den Turnierbedingungen und der Regelanwendung.

Wenn du die kindgerechte Regelauslegung in einem Satz beschreiben müsstest. Wie lautet dieser?

Falco: Die Regeln sollen ein gemeinsames Spiel zwischen erfahrenen und unerfahrenen Kindern ermöglichen, nicht verhindern - insofern sehen wir unsere Schiedsrichter in den jüngeren Altersklassen auch eher als Turnierhelfer, die die Anwendung der Regeln erklären und mit Bedacht durchsetzen.

Wo liegt für dich die Grenze der kindgerechten Regelauslegung? Gibt es deiner Meinung nach ein gewisses Spielstärkenniveau oder Alter, wo ausgegangen werden kann, dass die Kinder die Regeln beherrschen müssen?

Falco: Der Fehler liegt ja schon darin zu denken, dass es einen Punkt im schachlichen Leben gebe, an dem man auf einen Schlag alle Regeln genau wüsste. Das geht meist schon deswegen nicht, weil diese ja auch nicht in Stein gemeißelt sind. Wer vor vier Jahren gelernt hat, wie man korrekt eine Bauernumwandlung durchführt, kann das heute schon wieder anders machen. Insofern hängen die Grenzen der kindgerechten Regelauslegung eben von den Umständen – Alter, Spielstärke, Turniererfahrung – ab. Unser Ziel beim Lehrgang ist es, gerade hierfür Erfahrungswerte zu vermitteln.

Könntest du uns einige Beispiele nennen, wo es sich für dich als Schiedsrichter besonders gelohnt hat, kindgerecht zu handeln?

Falco: Das sind jene Momente, wo hinterher klar ist, dass das Kind auch weiterhin Spaß am Turnierschach haben wird. Oft genug haben wir Situationen, wo den Kindern und Jugendlichen ihr Regelverstoß gar nicht klar ist. Wenn ich erklären kann, dass die Figuren und Uhr mit der gleichen Hand genutzt werden müssen, ist doch allen mehr geholfen als mit irgendeiner Zeitstrafe. Das hat natürlich auch dort seine Grenzen, wo das Ausbleiben einer Bestrafung zu sehr zu Lasten des Gegners ginge. Bei Berührt-Geführt bleiben wir beispielsweise streng, das ist eines der unumstößlichen Dinge in unserem Sport und wird auch von den Jüngsten vorausgesetzt.

Im Februar wirst du in Haltern Jugendliche und junge Erwachsene treffen, welche darauf warten, als regionaler Schiedsrichter ausgebildet zu werden. Wen wünschst du dir dort anzutreffen bzw. für wen ist eine solche spezielle Ausbildung mit kindgerechter Regelauslegung besonders gut geeignet?

Falco: Wir haben viele Schiedsrichter, die hervorragend die Regeln und Dutzende Fallbeispiele kennen. Aber macht das allein einen guten Schiedsrichter aus? Natürlich lassen sich sehr viele Fälle direkt anhand der FIDE-Regeln abhandeln. Mir gehen – gerade im Umgang mit Kindern – dabei aber zu oft die Gesamtumstände unter. Insofern freue ich mich auf alle, die Interesse an der exakten Umsetzung der Regeln haben, aber eben auch eine angenehme Turnieratmosphäre für erfahrene und weniger erfahrene Kinder, Jugendliche und Erwachsene schaffen wollen.

Vielen Dank für das Interview. Wir freuen uns, dich und Steffen im Februar in Haltern begrüßen zu dürfen.

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